Aktuelles

Lange Rede, kurzer Sinn. (Schiller)

Kürzung der Wohnkosten durch das Jobcenter häufig rechtswidrig!

Das Wohnen im Landkreis Saalfeld- Rudolstadt wird immer teurer. Gerade für Geringverdiener und Empfänger von Hartz IV Leistungen wird es dadurch immer schwieriger eine günstige Wohnung zu finden, deren Kosten auch durch das Jobcenter übernommen werden. Ist die Wohnung nach Ansicht des Jobcenters unangemessen teuer, droht die Kürzung der vom Amt übernommenen Wohnkosten. Auch in dem Fall, dass ein Leistungsempfänger in eine nach Auffassung des Jobcenters unangemessene Wohnung zieht, werden nicht die vollen Kosten der Unterkunft bewilligt. Günstige Wohnungen in den Preislagen, wie sie das Jobcenter als angemessen ansieht, sind jedoch kaum noch auffindbar, sodass unweigerlich die fehlenden Wohnkosten aus Mitteln, die eigentlich für den ohnehin knapp bemessenen Lebensunterhalt bestimmt sind, durch den Betroffenen getragen werden müssen.

 

Zu Unrecht, wie nun das Thüringer Landessozialgericht am 05.03.2020 unter Bezug auf das Bundessozialgericht entschieden hat. Das Bundessozialgericht hat bereits vor vielen Jahren festgestellt, dass eine Absenkung der Wohnkosten nur dann erfolgen kann, wenn dem zuständigen Jobcenter ein sogenanntes „schlüssiges Konzept“ zur Seite steht, welches sicherstellt, dass Wohnungen, wie sie das Jobcenter für angemessen ansieht, tatsächlich auch verfügbar sind und zu diesem Preis auch angemietet werden können. Zwar hatte das Jobcenter Saalfeld-Rudolstadt im Jahr 2014 ein solches Konzept erstellen lassen, welches seit dem Jahr 2015 gilt und regelmäßig fortgeschrieben wurde. Dieses Konzept stand jedoch bereits seit längerer Zeit in einem Verfahren, in dem es um Hartz IV Leistungen für die Jahre 2015 und 2016 ging, beim Thüringer Landessozialgericht auf dem Prüfstand. Es sollte die Frage geklärt werden, ob das Konzept des Jobcenters Saalfeld- Rudolstadt auch als „schlüssig“ angesehen werden kann. Das Thüringer Landessozialgericht hat nun in seiner Entscheidung vom 05.03.2020 festgestellt, dass das Konzept des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt in seiner damals gültigen Fassung, den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept nicht standhält.

 

Dies bedeutet, dass in den letzten Jahren in vielen Fällen die Kürzung der Wohnkosten durch das Jobcenter rechtswidrig gewesen ist und höhere Kosten der Unterkunft hätten gezahlt werden müssen. Viele Bescheide, die in den letzten Jahren erlassen worden sind, sind damit falsch und sehen zu niedrige Wohnkosten vor. Auch in aktuellen Bescheiden ist eine Kürzung der Wohnkosten kritisch zu betrachten. Leistungsempfänger, deren Wohnkosten durch das Jobcenter nicht in vollem Umfang übernommen werden, sollten deshalb Widerspruch gegen die Bescheide erheben. Auch bereits bestandskräftige vergangene Bescheide für zurückliegende Zeiträume können innerhalb bestimmter Fristen noch überprüft und Nachzahlungen geltend gemacht werden. Für betroffene Bezieher von Hartz IV-Leistungen ist es deshalb sinnvoll, sich zeitnah anwaltlich beraten zu lassen. Es kann dann geprüft werden, ob und für welchen Zeitraum Nachzahlungen noch geltend gemacht werden können.

 

mitgeteilt von

Rechtsanwältin Sandy Güldner

Fachanwältin für Sozialrecht, Rudolstadt

Hinterlassen Sie einen Kommentar